Es ist 7:10 Uhr, der Wecker klingelt. Eigentlich habe ich es ziemlich gut, denn 7:10 Uhr ist gar nicht so eine schlechte Zeit zum Aufstehen. Wenn man im Hinterkopf behält, dass mein Gastvater Daniel jeden Tag um 4:30 Uhr das Haus verlässt, erst recht nicht. Trotzdem drehe ich mich noch einmal um, nachdem ich mich vergewissert habe, dass der Wecker in 5 Minuten wieder klingeln wird. Spätestens beim dritten Mal schalte ich den Wecker dann komplett aus, schlafe allerdings doch nochmal ein. So kann es sein, dass ich mal um 7:15 Uhr aufstehe, oder halt auch mal um 7:42 Uhr, wenn Hélène, meine Gastmutter, mir sagt, dass sie sich jetzt auch auf den Weg zur Schule machen wird.

Meistens ist Félix (6) auch schon wach und hat vielleicht sogar schon gefrühstückt, es kam auch schon vor, dass dieser ab 3:00 Uhr nachts schon wach im Bett stand und Makarena getanzt hat. Ich schwinge mich also in Jogginghosen und gemütlichen Pullover und schleppe mich, wenn Zeit dafür ist, in die Küche, um mir einen Tee zu machen, oder aber direkt rauf in die Kinderzimmer. Es muss an dieser Stelle für das allgemeine Verständnis hinzugefügt werden, dass mein Zimmer sich im Erdgeschoss befindet. Wenn Félix schon wach ist, lege ich ihm seine Klamotten raus und mittlerweile (Gott sei Dank), zieht sich Félix alleine an. In den ersten paar Wochen wurde regelmäßig geschmollt und das Bekleiden verweigert, mit der Begründung, er hätte kein Interesse am Besuch der ortsansässigen Bildungslehranstalt. Deshalb gilt hier die Regel: wer nicht angezogen ist, bekommt nichts zum Frühstück! Das funktioniert einigermaßen gut. Ich betrete also Milos (9) Zimmer, meistens zwischen 7:45 und 8:00 Uhr und starte den ersten Weckversuch. Für gewöhnlich bekomme ich lediglich ein „Es ist noch nicht mal 8:00 Uhr“ an den Kopf geworfen, an manchen Tagen wird aber auch überraschend schnell das Bett verlassen. Allerdings gibt es auch die Tage an denen Félix meint, sich beim Prozess des Weckens beteiligen zu müssen und das endet meist in einem lautstarken Streit. Man versucht also den Streit zu beenden, notfalls indem man sich Félix unter den Arm klemmt und den Raum verlässt. Wenn dann beide Jungs angezogen sind, geht es in die Küche zum Frühstück, welches seitdem Félix früher frühstückt, deutlich entspannter ist. Sonst schafft es immer einer einen Streit vom Ast zu brechen. Entweder ist es Félix, der sich darüber beschwert, dass Milo Geräusche mit seinem Löffel beim Essen macht und aufgrund dessen schon regelrechte Heulkrämpfe hatte oder Milo, der stichelt und sich wundert, wenn Félix dann explodiert. Hat man das Frühstück dann hinter sich gebracht, schicke ich die Jungs hoch ins Badezimmer, um sich die Zähne zu putzen, in der Hoffnung, dass es dabei keine Zankereien gibt. Wenn es dabei ruhig bleibt, bin ich in der Lage die Trinkflaschen zu füllen und jedem eine Banane in den Ranzen zu schieben. Ist das geschafft sorge ich dafür, dass jeder mit Jacke, Schuhen und Ranzen ausgestattet ist und danach verlassen wir das Haus, für die interessierten Leser geschieht dies zwischen 8:30 und 8:40 Uhr. Wir brauchen ungefähr 5 Minuten zu Fuß zur Schule, wo ich dann erst Milo am Tor für die Älteren ablade und ein paar hundert Meter weiter dann Félix am Tor für die Jüngeren. Ist das geschafft, laufe ich zum Supermarkt um entweder Milch, Nutella, Brot oder Bananen zu kaufen, irgendwas fehlt immer. Wenn ich dann wieder zu Hause bin, frühstücke ich erst einmal ganz gemütlich und stelle mich danach der nächsten Aufgabe: den Hunden. Charlie und Juno, zwei Cockerspaniel im Alter von 4 Jahren warten darauf in freier Natur ihren Popo lüften zu dürfen. Bei gutem Wetter eigentlich kein Problem, doch mittlerweile haben sich die Felder, die sich zum Spazieren gehen anbieten, aufgrund des Wetters in regelrechte Schlammlöcher verwandelt. Man watet also knöcheltief im Matsch herum und darf dann noch die Haufen aus der Wiese pflücken, was mich zu dem Entschluss kommen ließ, mir Gummistiefel anschaffen zu müssen. Wenn ich dann wieder einkehre, unterziehe ich mich einer Grundreinigung.

Und dann habe ich Freizeit, bis ich um 15:10 die Jungs wieder von der Schule abholen muss. Manchmal treffe ich mich dann mit anderen Au Pairs und wir gehen etwas essen, manchmal liege ich auch einfach nur faul in der Ecke herum.

Wenn ich dann mit der gesamten Gefolgschaft wieder nach Hause komme, wird sich erst mit einem mit Liebe geschmierten Nutellabrot gestärkt, bevor es dann an die Hausaufgaben geht. Meistens hat Milo am Nachmittag noch entweder Französischunterricht oder Lerngruppe, weshalb ich mich mit Felix beschäftige und wir dann beispielsweise Comics kreieren oder Kaufladen spielen. Ist Milo dann mit seinen Aufgaben fertig, ist es meistens schon so gegen 17:00 Uhr, und der Erste von beiden geht in die Wanne, während der andere meistens TV schaut. Hélène kommt normalerweise zwischen 17:30 und 18:00 Uhr wieder nach Hause, manchmal gibt es aber auch Ausnahmetage, an denen sie dann entweder schon gegen 16:00 Uhr wieder von der Schule zurück ist oder aber auch, wenn sie Elternabend hat, erst gegen 21:00 Uhr nach Hause kommt. An solchen Tagen ist dann Daniel schon vor ihr zu Hause, da dieser für gewöhnlich um 19:00 Uhr von der Arbeit zurück ist.

Wenn dann einer von beiden zu Hause ist, bin ich offiziell vom Dienst befreit, was jedoch nicht heißt dass ich mich dann in meinem Zimmer verbarrikadiere. An manchen Abenden ist es mir möglich, ins Schwimmtraining zu gehen, da ich einen Schwimmverein in der Nähe gefunden habe. An den Tagen, an denen ich ins Training gehe, komme ich im Schnitt erst gegen 22:30 Uhr nach Hause, esse dann noch was und gehe dann in Richtung Bett.

Dies ist für gewöhnlich mein Tagesablauf. An Wochenenden (wenn ich nicht auf die Kinder aufpassen muss), treffe ich mich mit anderen Au Pairs aus der Umgebung und wir besuchen dann zusammen irgendwelche Dörfchen oder Städte im Umkreis oder gehen abends auch mal etwas trinken.